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Immer wieder Ärger mit der Sehne

Immer wieder Ärger mit der Sehne

Die „Achillesferse“ des Breitensportlers

von Dr. med. Michael Fritz

Verletzungen der Achillessehne gehören zu den zehn häufigsten Sportverletzungen. Darunter finden sich viele Fälle von chronisch rezidivierenden Achillessehnenbeschwerden. Oft handelt es sich um ambitionierte Breitensportler und Altersklassenathleten, deren Ehrgeiz, Leistungsdrang, Ungeduld und Wettkampfleidenschaft einerseits das Krankheitsbild mitverursacht haben und andererseits die Behandlung und Genesung erschweren. Dieser Beitrag möchte gezielt konservative Maßnahmen darstellen, die von jeder sportärztlichen Praxis auch ohne spezielle apparative Ausstattung durchgeführt werden können, um Athleten und Athletinnen einen geplanten und begleiteten „return to sport“ zu ermöglichen und aus dem Teufelskreis der Läuferverletzung herauszuführen. Diesen Circulus vitiosus der chronisch rezidivierenden Achillessehnenbeschwerden leitet der Sportler meist selber ein, sobald er durch inadäquates Training die Belastbarkeit der betroffenen Struktur überschreitet. Überlastung und Entzündung führen den Athleten zum Arzt. Eine Trainingspause und eine inflammatorische Therapie bewirken meist ausreichende Schmerzfreiheit, die eine Wiederaufnahme des Trainings erlaubt, aber erneut zur Überlastung und Entzündung führt. Der Teufelskreis beginnt von vorne. Therapeutisches Ziel sollte deshalb die Erhöhung der Belastbarkeit und die Vermeidung der Ursachen sein.

Sportler aller Sportarten, insbesondere aber aus den Bereichen Laufen, Triathlon, Walking, Ballsportarten, Badminton, Kunstturnen, Tanzsport und Ballett sind regelmäßig von Achillessehnenbeschwerden betroffen. Der oft verwendete Terminus „Achillodynie“ ist lediglich ein Sammelbegriff, aber keine exakte Diagnose. Sinnvoller ist es bei der Achillodynie zwischen Ansatztendinosen und nichtinsertionalen Achillessehnenproblemen zu unterscheiden.

Ansatztendinosen sind häufig mit einer Periostitis calcanei und Bursitis subachilea verbunden. Die Bursa subachilea liegt zwischen der Sehne und dem Fersenbein.

Differentialdiagnostisch sollte die Bursitis subachilea nicht mit der oberflächlicheren subkutanen retroachilllären Bursitis verwechselt werden, die weitaus harmloser ist, aber aufgrund ihrer inspektorischen Prominenz oft den Untersucher beeindruckt.

Als Haglundferse bezeichnet man einen Knochenvorsprung am oberen hinteren Fersenbein, der gegen die Achillessehne drückt und zu einem Impingement der Sehne führen kann.

Nichtinsertionale Achillessehnenprobleme zeigen sich meist als

  • belastungsabhängige Entzündungen der Sehne (Tendinitis),
  • chronisch degenerative Veränderung der Sehne (Tendinose) oder
  • belastungsabhängige Entzündungen des Sehnengleitgewebes (Peritendinitis).

Histologisch findet sich häufig ein pathologisch gesteigerter Blutfluss mit Kapillarisierung und muzinoider fettiger Degenerationen des Sehnengewebes. Das Kollagengewebe vom Typ 1 bildet sich zu minderbelastbarem Kollagengewebe vom Typ 3 um. Diese Veränderungen können mit Ausdünnung, Partialrupturen und Nekrosen des Sehnengewebes kombiniert sein. Die typische Lokalisation findet sich ca. 2-6 cm oberhalb des Fersenbeins.

Um die Erkrankung kausal behandeln zu können, ist es zunächst sinnvoll, sich mit vier klassischen Fragen, den Ursachen des Beschwerdebildes zu nähern.

  • Seit wann bestehen die Probleme?
  • Wo genau schmerzt es?
  • Wann und bei welcher Gelegenheit treten die Schmerzen auf?
  • Wie lange halten die Beschwerden an?

Häufig ist es aber nicht nur eine Ursache allein, sondern ein multifaktorielles Geschehen, das zu einer mechanischen Überlastung der Sehne mit Mikroverletzungen führt. Eine nicht abschließende kleine Auswahl möglicher Gründe für chronische Achillessehnenbeschwerden beim Sportler ist zum Beispiel:

  • Muskuläre oder sensomotorische Defizite (instabile Becken- und Beinachsenverhältnisse),
  • Trainingsfehler (inadäquate Steigerung der Intensität oder Quantität oder Dichte)
  • Technikfehler (mangelhafte Koordination der Unterschenkelkraft und Fußbeweglichkeit, Laufstil),
  • Fußfehlstellungen (Vorfußsupination, Rückfußüberpronation)
  • Suboptimale Trainingsbedingungen (Halle, Tartan, Sand)
  • Störung des Abrollverhaltens (Schuhe mit starrer Sohle, Hallux rigidus),
  • Unzureichendes Schuhwerk,
  • Achsenfehlstellungen,
  • Fußdeformitäten,

Anamnestisch klagen die Sportler mit Tendinitis häufig über einen morgendlichen Anlaufschmerz beim Barfußgehen. Bei der Tendinose und Ansatztendinose lassen die Beschwerden oft während des Trainings und Wettkampf zunächst nach, treten dann aber im Verlauf der Belastung wieder auf.

Fragen Sie in der Anamnese gezielt nach Grunderkrankungen, täglichen Abläufen im Alltag und Beruf (Arbeitsschuhe), sportlichen Aktivitäten, sehnenschädigenden Medikamenten (wie beispielsweise Gyrasehemmer oder vorangegangene Steroidinjektionen), Änderungen oder Neuerungen an Schuhwerk, Einlagen oder Trainingsmethodik, -umfeld oder –untergrund.

Klinisch zeigt sich oft das Bild einer geschwollenen und spindelförmig verdickten Sehne, das mit Rötung und Krepitation einhergehen kann. Der Triceps surae ist meist hyperton und verkürzt. Bei der Ansatztendinose findet sich ein Druckschmerz direkt am Übergang der Sehne zum Knochen. Die Bursitiden gehen meist mit einer Schwellung und Druckschmerzhaftigkeit im Fersenbereich einher. Der Blick des Untersuchers sollte sich aber auch auf Rücken, Becken, Beine, Füße, Gang- und Laufbild sowie Schuhe des Sportlers richten. Sehnenrupturen sollten durch den Thompson-Test und Single Heel Rise-Test ausgeschlossen werden.

Gegebenenfalls können weiterführende bildgebende Verfahren wie Sonographie, Röntgen oder MRT sinnvoll sein. Es sollte aber bedacht werden, dass ein teures MRT außer einer Bestätigung der klinischen Diagnose leider nicht die Ursachen des Überlastungsschadens liefert und deshalb in der Regel keinen therapeutischen Gewinn bringt.

Aus der Tatsache, dass Achillessehnenerkrankungen verschiedene Formen und Ursachen aufweisen, ergibt sich, dass weder „das eine“ Patentrezept noch ein einheitliches Behandlungskonzept existiert. Sportärzte müssen gemeinsam mit dem Patienten ein individuelles ursachenorientiertes ganzheitliches Behandlungskonzept entwickeln.

Das Behandlungsrepertoire reicht von funktioneller Ruhigstellung, über kontrovers diskutierte lokale und systemische medikamentöse Behandlungsmethoden, Einlagen und Orthesen bis hin zur Physiotherapie. Ultima ratio ist die operative Entfernung von entzündeten Bursae, Peritendineum und geschädigten Sehnenanteilen sowie ggfs. die operative Abtragung einer Haglundferse.

Unabhängig von der gewählten Therapiestrategie ist der Dreh- und Angelpunkt jeder Behandlungsform einer Achillessehnenerkrankung die Compliance, Geduld und Disziplin des Sportlers. Wie eingangs bereits erwähnt, behindern Ehrgeiz, Leistungsdrang, Ungeduld und Wettkampfleidenschaft des Athleten häufig die Behandlung und Genesung des Beschwerdebildes. Im Praxisalltag hat es sich bewährt, aus dieser „Not eine Tugend zu machen“. Hierzu sollten Sportärzte die Rastlosigkeit des Patienten in geordnete Bahnen lenken und die sportliche Motivation des Athleten als Chance nutzen. Der Athlet ist darin geübt, aktiv selbstwirksam auf seinen Körper Einfluss nehmen. Viele Sportler kommen deshalb mit klaren Ansagen, definierten Grenzen, exakten Trainingsplänen und aktiven Übungsprogrammen gut zurecht. Es ist sicherlich mühsam und zeitaufwendig ein individuelles Konzept mit dem Patienten gemeinsam zu erarbeiten, aber der Aufwand lohnt sich, wohingegen ein zu schneller, ungebremster und planloser Wiedereinstieg ins Training zu frustrierenden Rückschlägen führt.

Die multifaktorielle Genese erfordert zwar einen breitaufgestellten Therapieplan, sollte aber nicht in eine ungerichtete Polypragmasie ausufern, sondern zielführende aufeinander abgestimmte Maßnahmen enthalten. Oft helfen einfache konservative Therapieformen, Übungsbehandlungen und Trainingsmodifaktionen.

Bewährte Behandlungsmaßnahmen bei chronischen Achillessehnenbeschwerden:

Belastungsreduktion unter die Schmerzgrenze

  • Gerade zu Beginn der Behandlung ist eine Trainingspause in der Hauptsportart oft unumgänglich. Zur Überbrückung können alternative Trainingsformen in Ausgleichssportarten eine Dekonditionierung des Athleten vermeiden. Gleichzeitig bieten diese Trainingsformen häufig die Möglichkeit, vorhandenen muskulären Dysbalancen, die aus einseitigen Belastungen resultieren, entgegen zu wirken. Hier bieten sich insbesondere Aquafitness, Rad- bzw. Ergometertraining an.

Physiotherapie

  • Die Behandlungsmöglichkeiten der Physiotherapie erstrecken sich entsprechend der auslösenden Ursachen und dem jeweiligen Krankheitsstadium über aktive Übungsbehandlungen, Querfriktionen, Querknetungen, Propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation (PNF), Myofascial Release in Eigentherapie mit Fascienrolle, Beinachsentraining und Dehnübungen.

 Exzentrisches Krafttraining

  • Postisometrisch aus dem Zehenspitzenstand heraus, wird die Ferse langsam exzentrisch unter die Horizontale abgelassen. Die Übungen können selbstständig auf einer Treppenstufe oder einem breiten Holzbalken fast überall durchgeführt werden. Das exzentrische Krafttraining sollte mindestens drei Monate lang täglich regelmäßig und diszipliniert durchgeführt werden. Man beginnt mit einem Satz von 15 Wiederholungen einmal täglich zunächst beidbeinig. Später wird die Übung am besten einbeinig durchgeführt. Insgesamt sollte man sukzessive von einem Satz auf drei Sätze täglich steigern und im Weiteren auch bis zu sechs Sätze pro Tag durchführen. Nach 15 Wiederholungen macht man eine Pause von 30 Sekunden und dann erneut 15 Wiederholungen. Das Training ist meist zu Beginn schmerzhaft. Doch im Verlauf von 8 bis 12 Wochen lässt der Schmerz nach, die verdickte Sehne verdünnt sich und der krankhaft erhöhte kapillare Blutfluss am Ort des Schmerzes sinkt. Meist halbiert sich die Schmerzstärke. Auch präventiv wird die Methode oft erfolgreich eingesetzt.

Dosierter Belastungsaufbau nach Plan

  • Häufig behindern die Athleten ihre Rekonvaleszenz durch Ehrgeiz und Ungeduld. Deshalb ist es sinnvoll die Patienten mit Hilfe eines detaillierten Trainingsplans in ihre Schranken zu verweisen. Da Sportler Erfahrung mit disziplinierter Umsetzung von Trainingsplänen haben, fördert diese Therapiemaßnahme die Compliance. Der Plan eröffnet dem Athleten eine Möglichkeit, sich aus der chronischen Verletzungsspirale zu befreien und bietet ihm die Chance, endlich wieder die heilende Selbstwirksamkeit der Bewegungstherapie zu erfahren. Im Praxisalltag hat sich bewährt, zunächst die Genesung soweit abzuwarten, bis schmerzfreies Gehen wieder möglich ist, bevor mit dem dosierten Belastungsaufbau begonnen wird. Das erste Trainingsziel ist der Ausbau der Gehstrecke. Der Athlet sollte anfangs versuchen nur einen Kilometer forsch zu gehen. Treten hierbei oder innerhalb der nächsten 24 Stunden Beschwerden auf, dann sollte die Sportpause fortgesetzt werden. Stellt sich bis zum nächsten Tag aber keine Verschlechterung ein, dann kann man die Gehstrecke von Tag zu Tag um einen Kilometer ausbauen, bis eine 5 km Runde erreicht ist. Längere Strecken sind zunächst zu vermeiden. Ein Mikrozyklus in einem 2:1 – 3:1 Rhythmus ist empfehlenswert. Das bedeutet, die Belastung wird zunächst nach zwei aufeinanderfolgenden Trainingstagen, dann nach drei aufeinanderfolgenden Trainingstagen von jeweils einem Ruhetag unterbrochen. Sobald die 5 km Runde schmerzfrei gehend absolviert werden kann, dürfen Laufintervalle eingebunden werden. Das erste Laufintervall beträgt nur 15 Sekunden gefolgt von einer einminütigen Gehpause. Dann beginnt das nächste Laufintervall von 15 Sekunden und wieder geht der Sportler eine Minute. Auf diese Weise setzt er in stoischer Ruhe diszipliniert die ganze 5 km Runde fort, ohne die Intervalle zu verändern. Sollten keine Beschwerden auftreten, darf er am nächsten Trainingstag das Laufintervall auf 30 Sekunden erhöhen. An der einminütigen Gehpause wird unveränderlich während des gesamten Trainingsaufbaus festgehalten. Bleibt der Athlet weiterhin beschwerdefrei, steigert er die Laufintervalle sukzessive zunächst auf 45 Sekunden, dann 60 Sekunden und schließlich 90 Sekunden. Danach verlängern sich die Belastungsphasen im Minutentakt auf 2-3-4-5-6-7-8-9-10-12-15-20-25-30 Minuten. Erst dann darf man die 5 km durchlaufen. Die Belastungsintensität sollte sich bei 13-14 RPE einpendeln. Je nach Sportart und Disziplin kann der weitere Ausbau von 5 km auf 10 km in 1 km Schritten und der Ausbau von 10 auf 20 km in 2 km Schritten erfolgen. Sollten zu irgendeinem Zeitpunkt des Trainingsplanes Beschwerden auftreten, macht der Sportler eine Belastungspause bis zur Beschwerdefreiheit, stuft sich im Plan zwei Stufen zurück und nimmt das Training in dieser gemäßigten Quantität erneut auf. Eine Steigerung auf die nächste Stufe im Trainingsplan ist erst dann erlaubt, wenn nach mehreren Einheiten hintereinander kein Rückfall zu beklagen ist. Auf diese Weise gelingt es meist in 6 Wochen, den Sportler wieder an eine Laufbelastung von 10 km behutsam heranzuführen.

Koordinativ-propriozeptives orientiertes Training

  • Balancetraining: Hier sind Therapiekreisel oder ein Balance-Pad (Weichschaum-Kissen) zu empfehlen. Für geringe Kosten ist auch ein Kippelbrett schnell selber gebastelt, indem man unter einem fußgroßen Brett diagonal einen Halbrundstab leimt. Auch eine Handtuchrolle oder eine Gummiwärmeflasche, die nur zu ¾ mit Wasser gefüllt ist, kann vorrübergehend als preiswerte Alternative genutzt werden. 5-10 Minuten Balancetraining vor dem Laufen sind völlig ausreichend.
  • Weniger zur Therapie, aber präventiv und rezidivprophylaktisch sind Lauftechnik Übungen wirksam: Fußgelenksarbeit, Skippings, Knieheber- und Fersenlauf sowie Hopserlauf etc. sind vorwärts wie rückwärts in diversen Kopplungen und Rhythmuswechseln zu empfehlen. Athleten, die hierin nicht ausgebildet sind, kann eine Videoanleitung an die Hand gegeben werden, so z.B. http://www.runnersworld.de/laufabc

Schuhoptimierung

  • Aufgrund der ihm bekannten Anamnese und Untersuchungsbefunde ist es dem Sportarzt leicht möglich mit Hilfe von seriösen Online-Laufschuhberatungsportalen eine Auswahl geeigneter Laufschuhe für den Patienten zu treffen. Diese Information und Vorselektion erleichtert dem Patienten, der Argumentation des Fachverkäufers zu folgen, die Stütz-, Dämpfungs- und Führungselemente sowie Passform kritisch zu prüfen und so einen geeigneten Sportschuh zu finden.

 

Einlagenversorgung: Für eine Sporteinlage sind Materialien wie Kork, Leder, Stahl, Karbon oder thermoplastische Kunststoffe ungeeignet. Sinnvoller ist die Verordnung von Weichschaumeinlagen aus EVA oder PU, die gegebenenfalls noch mit Alcantara (Mikrofaservliesstoff) bezogen werden können.

  • Fersenkeile sollten nur bei hochakuten Achillessehnenentzündungen zur Entlastung vorübergehend für maximal vier Wochen eingesetzt und dann sukzessive wieder entfernt werden, da sie ansonsten über eine Spitzfußstellung und Verkürzung der Wadenmuskeln zur Verschlimmerung der Problematik führen. Das gleiche gilt für Fußbandagen, die zur Entlastung der Achillessehne mit einem integrierten Fersenkissen versehen sind.
  • Orthopädische Einlagen sollten nur gezielt verordnet werden, falls eine schlüssige Indikation besteht, die einer biomechanischen Korrektur zugänglich ist und eine Kontrolle dieser Effekte nach Anpassung der Einlagen erfolgt. Es sollte stets versucht werden, zunächst durch koordinativ-propriozeptiv orientiertes Training die Beschwerden zu beseitigen.

 

Nicht bewährte Maßnahmen bei chronischen Achillessehnenbeschwerden:

Kortison

  • Injektionen in die Sehne und in sehnenumgebendes Gewebe mit Kortikoiden sollen aufgrund dadurch hervorgerufener Sehnendegenerationen vermieden werden.

 

NSAR

  • Anpassungsvorgänge des Sehnengewebes scheinen durch eine regelmäßige Einnahme von NSAR negativ beeinflusst zu werden, denn auch die Heilung von Bänderrissen ist unter der NSAR Langzeiteinnahme zeitlich verzögert und qualitativ beeinträchtigt. Unmittelbar posttraumatisch erscheinen NSAR bei größerer Gewebeschädigung angezeigt zu sein, um einen weiteren Gewebeschaden in der Inflammationsphase zu vermeiden. Aber spätestens ab der Proliferationsphase ist eine lokale Entzündung erwünscht und von hoher Bedeutung. Eine mehrtägige Therapie kann zwar durch den kurzzeitigen Nutzen der Schmerzreduktion einen frühzeitigen „return to sport“ ermöglichen, wobei dies aber zu Lasten der strukturellen Reparaturprozesse geht. Nur bei einer akuten Tendinopathie oder Peritendinitis sind NSAR indiziert und wirksam, denn das Sehnengewebe reagiert auf Belastung mit einer Mehrdurchblutung des Peritendineums. Diese Hyperämie wird durch die NSAR-Gabe über die Unterdrückung der PGE2 Produktion um 30 % gemindert. Diese Entzündungsreaktion findet in der Sehne selbst im Falle einer chronischen Tendinopathie jedoch nicht statt, da die Sehne histologisch kaum Entzündungszellen enthält und eher einem bradytrophen Gewebe ähnelt. Aufgrund dessen ist der Nutzen der NSAR bei der chronischen Tendinopathie beschränkt, wenn nicht deren Einsatz sogar obsolet.

Fazit

Achillessehnenerkrankungen weisen verschiedene Formen und Ursachen auf, weshalb weder „das eine“ Patentrezept noch ein einheitliches Behandlungskonzept existiert. Sportärzte müssen gemeinsam mit dem Patienten ein individuelles ursachenorientiertes ganzheitliches Behandlungskonzept entwickeln. Eine ungerichtete Polypragmasie sollte gemieden und stattdessen zielführende aufeinander abgestimmte Maßnahmen eingeleitet werden. In diesem Artikel sind bewährte und auch nicht zu empfehlende konservative Therapieformen, Übungsbehandlungen und Trainingsmodifaktionen aufgeführt. Die „Achillesferse der Behandlung“ ist die Compliance. Ehrgeiz, Ungeduld und Wettkampfleidenschaft der Athleten stören häufig die Behandlung und verzögern die Besserung des Beschwerdebildes. Sportärzte sollten die sportliche Motivation des Athleten als Chance nutzen und die Rastlosigkeit des Patienten in geordnete Bahnen lenken. Sportler bevorzugen ohnehin aktive Therapieformen und akzeptieren strenge Anweisungen, definierte Grenzen, exakte Trainingspläne und aktive Übungsprogramme gut. Freie Anweisungen, wie die einer „schmerzadaptierten Belastung“, lassen die uns anvertrauten Athleten häufig wieder über das Ziel eines leidensgerechten Belastungsaufbaus hinaus schießen. Es ist sicherlich mühsam und zeitaufwendig ein individuelles Konzept mit dem Patienten gemeinsam zu erarbeiten, aber der Aufwand lohnt sich, wohingegen ein zu schneller, ungebremster und planloser Wiedereinstieg ins Training zu frustrierenden Rückschlägen führt.

Literatur beim Verfasser

 

 

 

 

 

 

 

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